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Wer investiert in die Zukunft, wenn alle sparen?

Konrad Lischka
Konrad Lischka
1 minuten gelesen
Wer investiert in die Zukunft, wenn alle sparen?

Der common senf aktueller Debatten um Staatsausgaben, Tarifverhandlungen und Zinspolitik scheint mir gerade ein gefährlicher: Alle sollen sparen. Der Staat soll weniger ausgeben und damit der Gesamtwirtschaft Geld entziehen. Arbeitnehmer sollen Reallohnverluste akzeptieren, sparen und damit der Gesamtwirtschaft Geld entziehen. Und Unternehmen sollen sparen, bloß keine Kredite aufnehmen für Investitionen – das ist das Signal steigender Zinsen. 

Aber das wird doch unsere Probleme nicht lösen. Ursache steigender Kosten ist in erster Linie der Angebotsschock: Gas und Strom sind teurer, infolge auch Wärme und Lebensmittel. Energiekosten schießen wegen exogener Faktoren rauf. Ist die richtige Antwort drauf wirklich, die gesamte Nachfrage durch Reallohnverluste und die gesamte Wirtschafts- und Investitionstätigkeit durch Hochzinspolitik niederzuprügeln? Kann ich kaum glauben. Kurzfristig: Massive Reallohnverluste werden nicht zu massivem Rückgang der Nachfrage nach Wärme und Energie und Lebensmitteln führen. Licht, Heizung, Essen benötigt jeder. Gespart wird an anderen Ausgaben, weshalb anhaltende massive Reallohnverluste die gesamte Wirtschaft niederknüppeln, was in eine Rezessionsspirale führen kann.

Außerdem: Wir benötigen doch massive Investitionen für den Umbau der gesamten Lieferketten, der gesamten Wärme- und Energieinfrastruktur. Zudem braucht es massive Produktivitätssteigerungen in allen Wirtschaftsbereichen angesichts der demografischen Entwicklung. Weniger Menschen müssen mehr erwirtschaften, sonst wird unsere Volkswirtschaft schrumpfen. Für die Klimaanpassung der Infrastruktur (Stichwort: Wasserversorgung, Hitzesommer, Starkregen) braucht es weitere Investitionen.

Wenn all diese Investitionen schnell und zielgerichtet kommen und in der Realwirtschaft umgesetzt werden, wenn also der Umbau funktioniert, dann haben wir zukunftsfeste Grundlagen fürs Leben und Wirtschaft und zudem einen Produktivitätsfortschritt. Wenn das funktioniert, ist Inflation kein Thema. Weil die Gesamtleistung der Wirtschaft wächst, die erhöhte Nachfrage bedient werden kann. Wenn das Rausinvestieren aus dem Angebotsschock, der Klimakrise und den neuen weltpolitischen Gegebenheiten nicht funktioniert, haben wir ganz andere Probleme als Inflation. Weil dann unser gesamtes bisheriges Leben und Wirtschaften nicht zukunftsfest ist. Und wenn das Wirtschaftssystem in den Grundfesten erschüttert wird, haben wir eine fundamentale Krise.

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Konrad Lischka

Projektmanagement, Kommunikations- und Politikberatung für gemeinnützige Organisationen und öffentliche Verwaltung. Privat: Bloggen über Software und Gesellschaft. Studien, Vorträge + Ehrenamt.
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